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| singende stahlrösser – oder: die antwort ist das pure chaos |

Posted: September 11th, 2013 | Author: | Filed under: exkurs ohne norm, sound, word | No Comments »

aufgrund der grossen abstinenz von nachfragen und wünschen bezüglich grausigen, trashigen covers von überhörten, noch grausigeren klassikern, habe ich mich der treuen leser- und hörerschaft zuliebe in die niederungen der seichten shoegaze-twinkle-backgroundhumming-platten begeben und ein bezauberndes wie aktuelles tonbeispiel auf den digitalen plattenteller gelegt:

nein, “let it be” von meeks taugt nicht für einen spätsommerhit, es reicht noch nicht einmal für die repeattaste. für mich. für die band meeks hat es für ein ganzes sortiment von beatles-klassikern gereicht. provokativ? nein, ich verschone euch, ich hätte ebenso das cover von “norwegian wood” auflegen können, dessen schlammiges geräuschinto an den soundcheck betrunkener schulbands erinnert und murakami mit sicherheit ohrenbluten verursacht. obwohl, hier habt ihr es:

aber wozu diese schiefe, dissonante einleitung? weshalb der abschweif in psychedelische soundvarianten? weil es einfach gut tut, musik zu hören, die endlich einmal nicht den zuschreibungslogiken und passformen individueller vorlieben entspricht. denn gesellschaftliche einteilung verläuft nunmal in kollektivpattern, in marktanalysierten habitusformen, denen sich die menschen passiv fügen. selbst die masse der individuellen und alternativen werden zu einer konsumgruppe gefasst. verhaltenskodex “jutebeutel” korreliert wohl überwiegend mit dem kaufverhalten “stadtrennrad”. “deleuze” liegt sicher nicht in einem amazoneinkaufskorb mit “rechtswissenschaftlicher basisliteratur”. im zuge der nsa-affäre werden stimmen laut, die sich über die erfassung und weitergabe von personendaten empören. zurecht. aber die einzig sinnige antwort gegenüber kategorisierung und erfassung ist die radikale diskongruenz in form unerwarteter verhaltensformen. konformität ad adversum sozusagen. die infragestellung von lebensformen, handlungsroutinen, disziplinen und traditionen.

die kunst ist vieles nicht, nicht vieles, aber vordenkend immer. bukowski mag keinen hexameter verwendet haben, aber ein meister der freien verwendung von inhalt und form – mit nihilistischen einsprengseln – war er allemal:

kein vergleich mit hemingway

“im zug kam ihm angeblich mal
ein ganzer koffer manuskripte weg
und davon ist nie mehr was
aufgetaucht.
mit so viel agonie kann ich mich
nicht messen, aber neulich abends
schrieb ich auf diesem pc ein
gedicht von drei seiten
und durch schusseligkeit
mangelnde übung und rumspielen
mit befehlen im menü
brachte ich es irgendwie fertig
das gedicht für immer zu
löschen.
glaubt mir, das ist sogar
für einen neuling nicht leicht
aber ich habe es
trotzdem geschafft.

zwar glaube ich nicht, daß die
drei seiten unsterblich waren
aber es waren ein paar irre
knallige zeilen dabei, und die
sind jetzt für immer weg.
es ärgert mich mehr als ein
bißchen. ungefähr so
als hätte ich eine flasche
guten wein umgestoßen.

darüber zu schreiben
macht als gedicht nicht
viel her, aber ich hab mir
gedacht, es interessiert
euch vielleicht.

falls nicht, habt ihr
wenistens bis hierher
gelesen, und es könnte ja sein
daß noch was besseres
nachkommt.

hoffen wirs mal. für
euch und für mich.”

(“kein vergleich mit hemingway” – charles bukowski, aus ders.:
“auf dem stahlroß ins nirwana. gedichte 1988-1992.”)



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