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| zwischen sinn und subversion – sieben fragen an… the dashwoods |

Posted: Mai 29th, 2013 | Author: | Filed under: image, interview - 7 fragen.., word | No Comments »

indiepop lebt. auch in deutschland. mit the dashwoods stimmt eine nachwuchsband aus hamburg melancholisch-weiche und doch tanzbar-vibrante töne an. ein hauch von hymne liegt in der luft, juvenile urbanität, prä-eskapismus? der drängende, karge soundteppich und die melodielinien erinnern spontan an die frühen rilo kiley, doch stopp – nicht noch ein name mehr auf der referenzmüllhalde! lasst die band atmen, entwickeln, bald werden wir auf der neuen platte die nächste gepresste zwischenstation zu hören bekommen.


(© marie binning)

die redaktion von off-journal ist neugierig – was steckt dahinter? wo geht es hin? garagenparty oder the-hottest-festival-shit? – und darf der band in einer neuen folge von “sieben fragen zwischen sinn & subversion” auf den newcomer-zahn fühlen:

hand aufs herz: gibt es den perfekten song und wenn nein, wer war am nächsten dran?
adam: perfektion zu erreichen, ist im allgemeinen ziemlich schwer, wenn nicht sogar unmöglich. in der musik ist es genau so. wahrscheinlich waren the smiths mit „bigmouth strikes again“ oder the beatles mit „strawberry fields forever“ schon ziemlich nah dran.

driftwood, woodford, dashboard, …warum the dashwoods?
antoine: popmusik lebt von geschichten und mythen. warum alles erzählen, wenn das unerzählte oftmals viel spannender ist?

im video zu eurem song „it’s like a drug“ fahrt ihr im minibus in richtung freiheit. welches mixtape steckt im kassettendeck?
daniela: wir haben den bus damals bei einem kumpel ausgeliehen, der grosser tocotronic-fan ist. neben den toco-hits „kapitualtion“ und „aber hier leben, nein danke“ gab es aber auch andere hamburger bands wie tomte und kettcar zu hören. wie oft dieses tape wohl rauf und runter lief…

coverstory im nme, im rolling stones oder in der spex?
antoine: natürlich sind uns all diese zeitschriften ein begriff, doch so richtig vertraut sind wir mit ihnen nicht. bei der vielzahl an musikzeitschriften, blogs und anderen meinungsmachern verliert man einfach schnell den überblick und sortiert für sich aus. aber wenn wir tatsächlich die freie wahl hätten, würden wir am liebsten die coverstory im nme nehmen. einfach, weil das zielpublikum uns am nähesten steht und es quasi gesetz ist, was der nme für gut oder schlecht befindet.

rock am ring, glastonbury oder lollapalooza?
adam: gerne alle drei! aber da wir auswählen müssen, gibt es ein stechen zwichen der matschschlacht in glastonbury und dem weit entfernten lollapalooza. ich denke, die band passt besser in das lineup des lollapalooza, also nehme ich das.

eure neue platte erhält vorschusslorbeeren en masse und wird als eine der besten platten 2013 gehandelt (umag). die spannung ist gross, wie wird sie klingen …
daniela: es ist immer schwierig, über die eigene platte zu reden, wie sie klingt oder wo man sie einordnen kann. wir orientieren uns an verschiedenen musikrichtungen und bands. es gibt ruhige songs mit sphärischen klängen, synthieteppichen und delaygitarren, aber auch tanzbare uptempo-nummern, die sich dieser elemente bedienen. wichtig ist uns, dass wir eine gewisse melancholie und sehnsucht transportieren, die in allen stücken mal mehr, mal weniger stark zentral sind. man könnte eine vielzahl von adjektiven nennen, die den klang näher beschreiben, aber viel spannender ist es doch, wie der hörer unsere platte empfindet.

“mein herz“ von beatrice egli auf platz 1 der deutschen single-charts – jetzt mal ehrlich, warum macht ihr das ganze?
phillip: um in naher zukunft ebenfalls mal so einen song schreiben zu können.


| double trouble le mère – back to the national |

Posted: Mai 17th, 2013 | Author: | Filed under: sound, word | No Comments »

vollständig unaufgeregt trottet das nächste album von the national daher. mit “trouble will find me” stellen sie bereits ihr sechtes studioalbum vor. und als hätten sie eine kneipentour mit absynthe minded gedreht, röcheln ihre stimme immer tiefer ins nirvana. berningers bariton, auf den können sich alle einigen. doch wenngleich the national die band der stunde scheinen, drohen sie von den meisten in easy-listening abzudriften, oder als game of thrones-opener degradiert zu werden.

dabei lassen sich ganz tief unten im lyricskoffer die schönsten schnipsel zusammensetzen und im plakativen “sea of love” nach trauerperlen tauchen. der sound singt aus neuem equiment, mit retrobutton angenäht. in neurotischer tristess schwelge ich nun fast doch wieder zu einem verriss, doch moment: genau das ist die qualität der neuen platte von the national. sie verrät das gefühl nicht, das sie evoziert. sie lässt den ausgang offen. sie pflastert marmorgänge und säht rauch, um auf die abgeschraubten notausgangschilder hinzuweisen. sie suhlt sich in dumpfem selbstmitleid und plötzlich shuffelt und scharrt sich die snare einen immer lauter werdenden tanzbeat. die nölend-leiernden gesangstiraden scheinen genau dann im slomo stehenzubleiben, kurz bevor ein bläser-grupetto die szenerie in ein blechinferno mit crashbecken-finale verwandelt. nein, the national bringen kein höhen zum vibrieren, aber ihre tiefen durchdringen das letzte emotionale hemd.

und trotzdem gehen die letzten partygäste mit einem mulmigen gefühl nach hause. durchschaut ja, durchleuchtet nein. new york ja, cincinatti nein. high violet ja, trouble will find me nein. the national-songs sind und bleiben sad songs for diry lovers! und die schönsten zeilen bleiben die verstecktesten, wie der kleine bonustrack “you were a kindness” beweist, mit dem sie letterman und die ganzen sesselpupser überraschten:

[...] There’s a radiant darkness upon us
But I don’t want you to worry [...]

 


| die wertlose bibliothek – prolog |

Posted: Mai 8th, 2013 | Author: | Filed under: die wertlose bibliothek | 3 Comments »

„ich erinnere mich nicht – ich erzähle“ (thérezia mora)

“wenn foucault (2006, 317) sagt, dass sich unsere zeit als ‘zeitalter des raumes’ begreifen lässt, als ‘aneinanderreihen des nahen und fernen, des nebeneinander und des zerstreuten’ (ebd.), dann hat er nur partiell recht. räume verschieben und überlagern sich, dissolvieren im sinne digitaler gesellschaftsmobilität. und doch gibt es ein drinnen und ein draussen, ein dasein und eine abwesenheit, ein suchen und ein finden.

ich baue eine bibliothek. sie ist unauffindbar, niemand wird erfahren, wo sie ist. nein, sie ist nicht digital. keine sorge, es lohnt sich nicht, nach ihr zu suchen, denn sie ist wertlos. sie besteht aus büchern, die im üblichen flohmarkthandel keine zwei euro einbringen. lieblos aneinandergereiht. nein, ich halte keine ordnung. es ist mir egal, ob sartres ‘ekel’ neben krachts ‘faserland’ steht und ob der schlecht sortierte stapel von ‘lettre international’ neben einem meterhohen papierkorb aufgereiht ist. es ist alles wegwerfware.

ihr denkt, ich sei lakonisch? weit entfernt. ich baue eine bibliothek, denn sie umschließt alle meine gedanken. sie kreiert einen raum der programmatik und des gedanklichen austausches. sie stillt jede intellektuelle begierde und ist alles zugleich: kulturgeschichte, literaturfundus, wissenschaftstheorie und pure gotterbärmliche fiction.

ich baue eine bibliothek, die dem kritisch-materialistischen denken verbunden ist. sie bedeutet anwesenheit von büchern, blättern in vergilbten seiten, geruch von vermoderten buchrücken. ihr fundament ist das denken und ihre standfestigkeit erhält sie durch schräge, abgeschmirgelte bücherregale in verschiedenen holztönen.

nein, die wertlose bibliothek ist nicht schön. sie wendet sich von jedem prunk ab. sie besitzt keine eleganten schuber und stolz-konforme goldeinbände. denn: sie ist bescheiden und radikal, versteckt und omnipräsent. sie steht für die überdauerung der zeit.

und aus ihren büchern erzählt sie geschichten…[...].”

(aus: “die wertlose bibliothek” 2013, unveröff.)

die offjournal-reihe „die wertlose bibliothek“ wird zeitgleich publiziert im online-kulturmagazin „zeitnah“: http://zeitnah.ch/6453/elias-fauser-die-wertlose-bibliothek-prolog-von-elias-fauser/